Am 5. Juli 2020 fand auf Anregung der UWG mit betroffenen Anwohnern und Hauseigentümern sowie Mitgliedern einer Bürgerinitiative im Bereich Stimbergstraße / Hovelfeldweg eine Ortsbegehung statt, um auf eine sich eskalierende Fehlentwicklung im sozialen Miteinander von Oer-Erkenschwick aufmerksam zu machen. Jahrzehntelang einvernehmlich gewachsene Strukturen im nachbarschaftlichen Miteinander sind bereits an mehreren Standorten im Stadtgebiet besorgniserregend zerbrochen, wenn unterschiedliche Verständnisse von Wohnen, städtischem Leben und Müllentsorgung aufeinanderprallen. Die Presse sprach bereits von der „Entwicklung einer kleinen Parallelwelt“.
Meist sind es osteuropäische Lohnarbeiter zum Beispiel aus Rumänien oder Bulgarien, die vielfach von Subunternehmern der Fleischindustrie unter unwürdigen Bedingungen bis unter die letzte
Dachritze in total überfüllte „Schlafhäuser“ wohl ausschließlich profitorientierter Hausbesitzer vermittelt werden, denen der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ offensichtlich völlig fremd ist. Es
drängen sich Fragen auf:
• | Wie viele Menschen leben hier tatsächlich auf engstem Raum zusammen? | |
• | Warum wird der öffentliche Bürgersteig zunehmend als „Gemeinschafts-Aufenthaltsraum“ genutzt? | |
• | Stellen die Hausbesitzer genügend Parkflächen für die vielen Kleintransporter zur Verfügung? | |
• | Wie steht es um den Brandschutz? |
Wer aufmerksam durch Oer-Erkenschwick geht, wird hier leider keinen einmaligen Ausnahmefall sehen. Die Billiglöhne dieser Arbeitnehmer, deren unwürdige Massenunterbringung, die Profitabschöpfung
durch die Fleischindustrie und deren Subunternehmer erinnern an moderne Formen der „Lohnsklaverei“, die es in einem modernen Sozialstaat wie Deutschland eigentlich nicht mehr geben darf.
Was für jeden Eigenheimer gilt, nämlich Fragen des Brandschutzes, angemessener Sanitärräume, ausreichender Parkplätze sowie Anzahl der tatsächlichen Bewohner in diesen Unterkünften und deren
Personalien, scheint hier nach Einschätzung von unmittelbaren Nachbarn niemanden in der Verwaltung zu interessieren. Weder nach der gemeinsamen Aktion von UWG und Bürgerinitiative noch auf
Anschreiben besorgter Anwohner gab es irgendeine spürbare Reaktion des Bürgermeisters oder der Verwaltung. Viele alteingesessene Bürger fürchten um den bislang guten Ruf ihres Wohnumfeldes.
Angrenzende Hausbesitzer, die in die Renovierung ihrer Immobilien viel privates Geld gesteckt haben, müssen einen spürbaren Wertverlust ihrer Immobilie feststellen und finden zudem keine
„normalen“ Mieter mehr. Solch einer Entwicklung muss unbedingt durch vorausschauendes Handeln auch der Stadt nachhaltig entgegengewirkt werden.
Wir fordern daher den Bürgermeister auf, endlich einen „Runden Tisch“ mit den betroffenen Bewohnern, Hausbesitzern gemeinsam mit fachkundigen Sozialarbeitern und vor allem Vertretern von
Westfleisch als größtem Arbeitgeber osteuropäischer Lohn-Zeitarbeiter in Oer-Erkenschwick einzurichten. Es geht hier nicht nur um Corona, sondern um notwendige Hilfestellung und Integration von
Mitbürgern. Wenn Westfleisch demnächst gesetzlich verpflichtet wird, seinen osteuropäischen Lohnarbeitern feste Arbeitsverträge ohne Subunternehmer anzubieten, wird es sicherlich zu einem
erhöhten Familiennachzug auch nach Oer-Erkenschwick kommen, was einen zeitnahen Handlungsbedarf notwendig macht.
Sehr geehrter Herr Wewers, werden Sie Ihrer sozialen Verantwortung als Bürgermeister unserer Stadt gerecht und bitte tauchen Sie nicht ab, wenn es Probleme gibt!
Anja Wiese
(UWG)
Maike Veuhoff
(Bürgerin)
Amal Abou-Chaker
(Bürgerin)
Ursula Weissenbacher
(UWG)