Straßenbaubeiträge: Fünftes Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes

Helmut Lenk, Fraktionsvorsitzender der UWG

Gesetzentwurf der Landesregierung vom 01. Oktober 2019
(Drucksache 17/7547)


Nach § 8 wird folgender § 8a eingefügt:

§ 8a
Ergänzende Vorschriften für die Durchführung von Straßenausbaumaßnahmen und über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen


(1) Die Gemeinde hat ein gemeindliches Straßen- und Wegekonzept zu erstellen, welches vorhabenbezogen zu berücksichtigen hat, wann technisch, rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll Straßenunterhaltungsmaßnahmen möglich sind und wann beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen an langfristig notwendigen kommunalen Straßen erforderlich werden können. Das Straßen- und Wegekonzept ist über den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes anzulegen und bei Bedarf, mindestens jedoch alle zwei Jahre, fortzuschreiben. Das Straßen- und Wegekonzept wird von der kommunalen Vertretung beraten und beschlossen.


(2) Das für Kommunales zuständige Ministerium gibt durch Verwaltungsvorschrift ein Muster für das Straßen- und Wegekonzept nach Absatz 1 im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen bekannt. Die Gemein­den und Gemeindeverbände sind verpflichtet, dieses Muster zu verwenden. Sofern die Gemeinde oder der Gemeinde­verband von dem Muster abweichen möchte, ist dies im Straßen- und Wegekonzept darzulegen und zu begründen.


(3) Soweit im Straßen- und Wegekonzept nach Absatz 1 beitragspflichtige Straßenausbaumaßnahmen ent­halten sind, ist die Gemeinde oder der Gemeindeverband verpflichtet, frühzeitig eine Versammlung der von dem Vorha­ben betroffenen Grundstückeigentümerinnen und -eigentümer (verbindliche Anliegerversammlung) durchzuführen. Ihnen sind die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten vorzustellen. Sofern sich die Straßen­ausbaumaßnahme konkretisiert, sind zusätzlich Alternativen zum vorgesehenen Ausbaustandard und zu dem sich daraus ergebenden beitragspflichtigen Aufwand in der verbindlichen Anliegerversammlung mit den betroffenen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern zu erörtern. Über das Ergebnis der verbindlichen Anliegerversammlung ist die Vertretung der Gemeinde oder des Gemeinde­verbandes vor Beschlussfassung über die Durchführung einer Straßenausbaumaßnahme zu informieren.


(4) Ausnahmsweise kann von der Durchführung einer verbindlichen Anliegerversammlung nach Absatz 3 abge­sehen werden, wenn es sich um eine nur geringfügige Stra-ßenausbaumaßnahme handelt. In diesem Fall kann die verbindliche Anliegerversammlung durch Beschluss der kommunalen Vertretung durch ein anderes Beteili­gungs­verfahren ersetzt werden. Die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides bleibt von der Erfüllung der Pflicht zur Durchführung einer Anliegerversammlung nach Absatz 3 oder eines anderen Beteiligungsverfahrens unberührt.


(5) Die Satzung der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes kann unter Berücksichtigung von § 8 Absatz 6 Beitragsermäßigungen für Eckgrundstücke vorsehen. Die Festlegung einer satzungsrechtlichen Tiefen­begrenzung ist zulässig.


(6) Bei Straßenausbaubeiträgen gemäß § 8 Absatz 2 soll auf Antrag eine Zahlung in höchstens zwanzig Jahres­raten eingeräumt werden. Der jeweilige Restbetrag ist jährlich mit 2 Prozentpunkten über dem zu Beginn des Jahres geltenden Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches, jedoch mit mindestens 1 Prozent, zu verzinsen. Die Zahlungserleichterung kann auch in Form einer Verrentung der Beitragsschuld gewährt werden, die in höchstens zwanzig Jahresleistungen zu entrichten und deren jeweiliger Restbetrag entsprechend Satz 2 zu verzinsen ist. § 135 Absatz 3 Satz 4 Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634) gilt entsprechend. Eine Tilgung des Restbetrages ist am Ende jeden Jahres möglich. Die Satzung der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes kann hierzu Näheres bestimmen.


(7) Straßenausbaubeiträge gemäß § 8 Absatz 2 sollen für ein beitragspflichtiges Grundstück auf Antrag ohne Festsetzung von Fälligkeiten ganz oder teilweise gestundet werden, wenn die Zahlung des Beitrages für die beitragspflichtige Person eine erhebliche Härte bedeutet. Das gilt insbesondere für eine beitragspflichtige Person, die über ein Einkommen verfügt, das die Bedarfsgrenze der Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1029) geändert worden ist, um nicht mehr als 20 Prozent des maßgebenden Regelsatzes übersteigt und kein anderes Vermögen vorhanden ist, das die Zahlung von Beiträgen zumutbar macht. Für die Höhe der Verzinsung des so gestundeten Betrages gilt Absatz 6 Satz 2 entsprechend. Auf die Zinsen kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn ihre Erhebung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.


(8) Die nach diesem Gesetz anwendbaren weitergehenden Billigkeitsregelungen der Abgabenordnung bleiben unberührt.



§ 26 wird wie folgt gefasst:

 

§ 26
Inkrafttreten, Übergangsvorschrift


(1) […]


(2) § 8a Absatz 6 und 7 ist auch auf bis zum … (Anmerkung: Tag des Inkrafttretens) bereits abgeschlossene Beitragserhebungsverfahren anzuwenden. Dies gilt nicht, soweit die Beiträge von den Gemeinden und Gemeindeverbänden bereits vereinnahmt wurden.
 


 

   Dieser Gesetzentwurf wurde am 09. Oktober 2019 (TOP 14) einstimmig ohne Aussprache vom Landtag NRW an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Verkehrsausschuss überwiesen.
 
   Der Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen hat am 10. Oktober 2019 beschlossen, am 18. November 2019 eine Anhörung von Sachverständigen durchzuführen. Ebenso wurde die Anhörung der Vertrauenspersonen der Volksinitiative am 05. November 2019 beschlossen.
 
   Der mitberatende Verkehrsausschuss hat sich in seiner Sitzung am 20. November 2019 abschließend mit dem Gesetzentwurf beschäftigt. Der Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP angenommen. Gegen den Gesetzentwurf stimmten die Fraktion der SPD und der AfD. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich enthalten.
 
   Der Haushalts- und Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am 12. Dezember 2019 im Zuge der Mitberatung letztmalig den Gesetzentwurf beraten und ihn bei der Gelegenheit mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Fraktion der AfD angenommen.
 
   Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde am 13. Dezember 2019 im Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP angenommen. Dagegen stimmten die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie der AfD.
 
   Abschließend wurde am 18. Dezember 2019 im Plenarsaal des Landtages über folgende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen (Drucksache 17/8118) abgestimmt:
 


Der Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/7547 – wird unverändert angenommen.


Auf Antrag der Fraktion der SPD wurde namentlich agestimmt. An der Abstimmung nahmen 198 Abgeordnete teil.


Abstimmungsergebnis:
 

  Ja Nein Enthaltung
 CDU 72     
 FDP 28     
 SPD   69   
 Bündnis 90/Die Grünen   14   
 AfD   13   
 Fraktionslos    

 

 Gesamt 100  96 


Der Gesetzentwurf ist angenommen und tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.