Haushaltsrede 2013

Ratssitzung am 13. Dezember 2012 15:00 Uhr


Seit dem 03.12.2012 ist ein weiteres Geheimnis um den neuen Dienstwagen unseres Bürgermeisters gelüftet: In Oer-Erkenschwick werden die Briefe des Rathauses mit einer Luxuslimousine der E-Klasse von Mercedes-Benz zur Post gebracht, sogar mit Chauffeur. Der Bürgermeister selbst – so sagt er es dem deutschen Fernsehvolk – lehnt die Nutzung seines Privatwagens gegen Zahlung der in NRW üblichen Reisekosten mit der Begründung ab, diese könnten seine Unkosten für sein Privatauto nicht decken. Demgegenüber muss der kleinste Beamte mit der Höhe der Fahrkostenerstattung auskommen, wie es das Gesetz vorgesehen hat. Für einen Bürgermeister in der Gehalts­stufe B5 eine mehr als peinliche Argumentationsführung. Zumal der Rat Herrn Menge ein klares Votum gegeben hatte, beim Dienstwagen mehr Bescheidenheit zu zeigen, um dem Bürger die schmerzlichen Einschränkungen und Steuererhöhungen, die ihn künftig spürbar mehr belasten, glaubhafter vermitteln zu können.


Da werden in der Finanzkommission stundenlange Spardiskussionen geführt, da wird monatelang betont, dass ausschließlich Bund und Land für die finanzielle Misere verantwortlich seien und dass die Stadt äußerst sparsam mit dem Steuergeld gewirtschaftet habe.


Unter diesen Vorgaben hat die Sparkommission sich redlich bemüht, dem Bürger möglichst schonend zu vermitteln, welche weiteren Belastungen er zu tragen hat und wie diese gerecht auf alle zu verteilen sind. Jetzt – nach einem mühsamen und für die Bürger schmerzlichen Entscheidungsverfahren – stellt sich heraus, dass nach heutigem Stand neun Millionen Euro Steuergelder – Ende offen – bei riskanten Spekulationsgeschäften verschwunden sind.


Bereits in der Haushaltsrede vom 30.01.2008 hat sich die UWG – vom Verwaltungsvorstand und der sie stützenden CDU-SPD leider ungehört – eindeutig positioniert:


„Die UWG lehnt riskante Anlagengeschäfte mit Dispo-Krediten ab, denn es ist das Geld der Steuerzahler, mit dem hier der Kämmerer auf den zufälligen Erfolg des Risikos setzt. […] Ein Schaden von 200.000 € in Ravensburg, 2,6 Millionen € in Würzburg und ein befürchteter Verlust von 50 Millionen € in Hagen […] bestätigen nur die kritischen Warnungen der UWG vor derartigen riskanten Zinsspekulationsgeschäften.“


Diese Warnung kann die UWG auch 4 Jahre später nur wiederholen. Denn wenn die bisher 9 Millionen Spekulationsverluste nicht als „Drohverlustrückstellung“ den Haushalt belasten würden, könnte die Stadt bis 2021 gewiss einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen und die Konsolidierungshilfen des Landes in Höhe von nunmehr 3,68 Millionen würden die Stadt endlich aus ihrem Schuldensumpf herausziehen.


Am 02.02.2012 lesen wir im Haushaltsentwurf 2012 auf Seite 12 von 439 Seiten, dass für Spekulationsrisiken ein Betrag von 1,038 Millionen Euro neu einzustellen ist. Am 28.06.2012 – also nur knapp 4 Monate später – wird den Fraktionen der endgültige Haushalt 2012 auf den Tisch gelegt und der Kämmerer verliert in der Ratssitzung kein einziges deutliches und unmissverständliches Wort darüber, dass die Ratsmitglieder beim Durchblättern des kiloschweren Papierkonvolutes auf Seite 13 von 555 entdecken können, dass sich diese Million auf über 8,5 Millionen für potentielle Spekulationsverluste erhöht hat. Selbst die Niederschrift verliert kein Wort darüber. Stattdessen macht sich der ansonsten nur schweigende Erste Beigeordnete, Herr Schlechter, über die Ratsmitglieder lustig: „Können Sie keine Haushaltspläne lesen?“


Soviel zum Thema Transparenz und sachgerechte Information des Rates.


Doch bevor nun der Kämmerer womöglich aus parteitaktischem Kalkül heraus als Bauernopfer des Swap-Desasters herhalten muss, erwartet die UWG eine umfassende Analyse der getätigten Geschäfte und eine parteineutrale Risikobeurteilung, bevor in einem zweiten Schritt über das weitere Vorgehen entschieden wird. Denn letztlich verantwortlich für dieses Desaster ist der Bürgermeister als Chef der Verwaltung.


Die UWG beantragt daher, das RPA zu beauftragen zunächst einmal folgende Fragen zu den Swap-Geschäften zu klären und die Ergebnisse den Fraktionen zeitnah vorzulegen:
 

  1. Wann wurden welche Swap-Geschäfte in welchem Umfang und zu welchen Konditionen abgeschlossen?
    • Wer war Zahler der Festzinsen und wer war Empfänger der Festzinsen?
    • Welches war der Referenzzins, d.h. der variable Zins?
    • War der variable Zins mit einem Aufschlag verbunden?
    • Gab es Kündigungsmöglichkeiten seitens der Stadt und wenn ja,
      wie hoch war die Vorfälligkeitsgebühr?
       
  2. Welches war das jeweilige Grundgeschäft, d.h. das Kreditgeschäft, dessen Zinsrisiken mit einem Swap-Geschäft abgesichert werden sollte?
     
  3. Welche Zins- und Währungsprognosen lagen den Geschäften zugrunde?
     
  4. Waren die Prognosen realistisch?
    (Man muss bedenken, dass ab Mitte 2008 der Kurs des CHF gegenüber dem Euro stetig stieg.)
     
  5. Gab es auf der Basis dieser Zinsprognosen Kalkulationen über die voraussichtlichen Ergebnisse der Swap-Geschäfte?
     
  6. Wann wurden welche Zahlungen (Zinsen und Tilgungen) in welcher Höhe geleistet?


Die UWG kann dem vorliegenden Entwurf der Haushalts-Satzung 2013 nicht zustimmen angesichts weiterhin wahnsinniger 120 Millionen Euro Kassenkredite. Es drängt sich die Frage auf, ob der Kämmerer diesen Liquiditätssicherungshöchstbetrag braucht, weil wieder Kredite aufgenommen wurden, um mit diesem geliehenen Geld die Spekulationsgeschäfte bezahlen zu können? Immerhin liegt hier der Streitwert bei 26 Millionen Euro.


Die UWG hat alle Sparbeschlüsse mitgetragen, auch wenn sie dem Bürger richtig wehtun. Die Erhöhung und geplante Verdoppelung der Grundsteuer lehnt die UWG aber weiterhin ab und wird ihr logischerweise auch in der Haushaltssatzung heute nicht zustimmen, weil dies zu einem spürbaren Anstieg der Mieten führen wird. Ebenso hält die UWG nichts von einer Erhöhung der Gewerbesteuer, die letztlich nicht zu Mehreinnahmen, sondern zu einem Abbau von Arbeitsplätzen insbesondere im mittelständischen Bereich führen wird. Bei der Abstimmung über den Entwurf dieser Haushaltssatzung wird die UWG daher mit Nein stimmen.



Vorgetragen von Helmut Lenk, Fraktionssprecher
(Es gilt das gesprochene Wort)