Es gibt ein altes lateinisches Sprichwort, das heißt: „volenti non fit inuria“. Auf Deutsch: „Dem Willigen geschieht kein Unrecht“ oder – übersetzt für unsere Haushaltssituation vor Ort – „Wer
unakzeptable Zustände als unabwendbar hinnimmt, akzeptiert diese letztlich als rechtens“. Seitdem Rot-Grün in Düsseldorf und Berlin das Sagen haben, müssen wir Kommunen in beängstigendem Maße für
Entscheidungen finanziell gerade stehen, die Abgeordnete wie Herr Rusche, Herr Welt oder Frau Lehn woanders beschlossen haben. Finanzpolitische Entscheidungsspielräume schrumpfen damit für uns
kommunalpolitische Mandatsträger auf's Hosentaschenformat. Letztlich führen wir zunehmend Alibidiskussionen über die Verteilung von Geld, das längst weg ist und immer weniger wird.
So wird – wie der Haushaltsentwurf zeigt – das Haushaltsdefizit von 18.865.000 Euro in 2003 kontinuierlich bis 2007 auf 40.640.000 Euro anwachsen. In nur 5 Jahren wird also das Finanzloch um 115
% größer. Die Gründe hören SPD und Grüne, die in der Regierungsverantwortung sitzen, verständlicherweise nicht gerne. Nur ein minimaler 6,4 %-iger Zuwachs der Schlüsselzuweisungen ab heute bis
2007 um lediglich 740.000 Euro, bei den sonstigen Zuweisungen und Zuschüssen sogar ein Rückgang um 1,6 %, immerhin 180.000 Euro – und das bei gleichzeitig explodierenden von Rot-Grün auf die
Kommune abgewälzten Folgekosten in Millionenhöhe insbesondere im Sozialbereich.
Das geringe Gewerbesteueraufkommen dürfte dagegen eher hausgemacht sein. Von Wirtschaftsaufschwung ist hier nichts zu spüren, wenn selbst der Kämmerer keinerlei Zuwächse bis 2007 mehr erwartet
und die Einnahmen bei 3,2 Mio Euro einfriert. Mit der gegen die Stimmen von UWG und CDU von der SPD durchgesetzten unsinnigen Erhöhung des Gewerbesteuersatzes auf 470 % wird diesem
wirtschaftlichen Negativtrend gewiss nicht entgegen zu wirken sein.
Große Sorgen bereitet der UWG das permanente Ansteigen der Zinsausgaben von jährlich 3,108 Mio auf 3,932 Mio Euro in 2007, das summiert sich nur in diesen 5 Jahren auf insgesamt 17,336 Mio Euro
Zinsen für Kredite, die auch noch zurückgezahlt werden müssen. Und das, obwohl in den nächsten Jahren keine größeren Baumaßnahmen mehr geplant sind. Wir bedienen nur Altlasten.
Maritimo-Bad
Wir werden den Wähler nicht vergessen lassen, dass die UWG vornehmlich vom Kämmerer und der SPD noch hochnäsig abgebügelt wurde, als sie eine Deckelung bei dem auf Pump finanzierten Maritimo
forderte, dessen Finanzbedarf sich – wie von uns seinerzeit prognostiziert – zu einem Fass ohne Boden entwickelt.
Zunächst fürs gleiche Geld weniger Bauvolumen, zum Beispiel im Außen- und Freibadbereich, als anfangs in der Stadthalle dem Bürger per Powerpoint wie ein fröhlicher Unterhaltungsfilm vorgespielt
wurde. Inzwischen ist die Power raus und uns der Frohsinn vergangen. Eine Million Euro Nachschlag für sog. „Attraktivitätssteigerungen“, die bei der visuellen Vorabpräsentation des
millionenschweren Bauprojektes und der Entscheidungsfindung für die Wahl des Büros Dr. Krieger offensichtlich niemand vermisste.
Dann wird das aufwändig in der Presse aufgepeppte Kürlaufen des künftigen Maritimo-Chefs zum Flop, als Herr Veuhoff bereits nach wenigen Wochen in einer Nacht- und Nebelaktion ohne Angabe von
Gründen wieder geschasst wird.
Als nächstes verzögert sich die Eröffnung des Bades um Monate, was der Kämmerer mit für uns kaum glaubhaften Gründen zu rechtfertigen versucht und für die Stadt weitere Kosten in sechsstelliger
Höhe bedeutet. Und nun will er darüber hinaus mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten noch weitere zusätzliche 350.000 Euro aus Steuermitteln locker machen, laut Presse vom 31.01.2004 u.a.
50.000 Euro für diverse Rechtsberatungen.
Dieser Punkt macht uns stutzig und bedarf der Klärung. Als UWG fragen wir, für welche Nachhilfe in Rechtsangelegenheiten muss die Stadt eigentlich die Kosten tragen und was haben Anwälte für so
Beträge geleistet? Wir fragen weiter, warum nicht im Rahmen der Amtshilfe die Kreisverwaltung eingeschaltet worden ist. Dort sitzen doch versierte Juristen, die im Einzelfall notwendige
Rechtsgutachten für die Stadt auf Antrag kostenlos erstellt hätten. Oder geht in der Verwaltungsspitze die Angst um vor einer objektiven Rechtsauskunft der Kreisjuristen?
Und wieso muss die Stadt bei der Ausschreibung von Fliesenarbeiten für eine Panne gerade stehen, die es einem Mitbewerber ermöglicht, Rechtsmittel einzulegen, die die Inbetriebnahme des Bades um
Monate verzögern? Wer ist für die Ausschreibung eigentlich verantwortlich? Wurden bei der Ausschreibung etwa gesetzliche Vorgaben nicht beachtet?
Liquiditätsprobleme des Maritimo-Betreibers
Die UWG fragt weiterhin, welche Sicherheiten die Betreibergesellschaft für ihren Kreditwunsch der Stadt bietet. Liquiditätsprobleme schon vor der Inbetriebnahme des Bades könnten auch
Rückschlüsse auf derart hohe finanzielle Engpässe sein, die keine üblichen Bankkredite oder Bürgschaften mehr ermöglichen.
Auch bei allerbestem Einvernehmen hört bei Geld bekanntlich die Freundschaft auf und das finanzielle Desaster um das Parkdeck „Neue Mitte“, wo der Steuerzahler wieder mit 190.000 € in
Vorleistung gehen soll, weil von Frehe wohl nichts zu holen ist, sollte uns allen Warnung genug sein.
Kirmesplatz
Der geplante Stadtumbau West ist von der UWG vorbehaltlos mitgetragen worden, wobei wir davon ausgehen, dass die Zuteilung der gesamten Mittel auch dann gewährleistet ist, wenn in 2004 der Umbau
nicht abgeschlossen ist, was wohl unwahrscheinlich ist. Den von der SPD geplanten Verkauf des Kirmesplatzes lehnen wir aber zum jetzigen Zeitpunkt ab.
Zurzeit weiß niemand, ob auf der riesigen Zechenbrache tatsächlich jemals Pferde galoppieren werden oder Herr Skodell dort seinen gewünschten Schießstand einweihen wird. Vor einem Verkauf und
einer städtebaulichen Überplanung des Kirmesplatzes ist zunächst die Montan-Grundstücksgesellschaft am Zuge. Die UWG wird hier vorab keine präjudizierenden Entscheidungen mittragen, die
nachfolgende städtebauliche Notwendigkeiten konterkarieren könnten. Zudem hat uns unser Gespräch mit dem früheren Geschäftsführer des Diakonischen Werkes, Herrn Christofczik, überzeugt, dass die
baulichen Erweiterungspläne des Matthias-Claudius-Zentrums hier zunächst einmal mit Vorrecht zu behandeln sind.
Die Überlegungen des Diakonischen Werkes, zwischen Matthias-Claudius-Zentrum und „Neuer Mitte“ weitere betreute Wohnungen zu errichten sowie die aktuelle erneute Bautätigkeit des Marienstiftes
zeigen übrigens, dass der neue SPD-Fraktionsvorsitzende seine Behauptung, mit dem Bau der Seniorenwohnungen in Rapen sei der Bedarf gedeckt, nur seinem Vorgänger im Amte Recht gibt, der ebenso
wie die UWG die von Herrn Schild und Herrn Krebs favorisierten Luxus-Parkvillen ablehnt.
Stimberg- und Stadthallen GmbH
Zwischen Kirmesplatz und Stadthalle steht ein Symbol Oer-Erkenschwicker Stadtgeschichte. Zur unendlichen Geschichte entwickelt sich auch die hier logierende Stimberg- und Stadthallen GmbH. Auch
diese „Ein-Mann-GmbH“ ist für die UWG ein Symbol, ein Symbol für Filz und politische Vetternwirtschaft in Oer-Erkenschwick. Dies ist nicht allein unsere Bewertung, sondern stammt zur Erinnerung
vom Vorsitzenden Richter des Bochumer Landgerichts, der von einem „hirnrissigen Konstrukt“ in aller Öffentlichkeit gesprochen hat.
Allmählich quälend empfindet die UWG die ständigen Wiederholungen von SPD und Kämmerer: „All unsere Leistungen (für diese GmbH) beruhen auf den vertraglichen Bestimmungen“. Was allein zählt ist:
Ungeachtet der desolaten Finanzlage der Stadt bleibt die GmbH als einziger öffentlicher Dienstleister in der Stadt von Zuschusskürzungen verschont.
Wir erinnern daran: Die vertraglich garantierte Erhöhung um weitere 60.000 DM jährlich wurde interessanterweise nach der ersten Verurteilung und kurz vor der zweiten Verurteilung des
Geschäftsführers wegen mehrfachen Betruges von SPD und CDU gemeinsam durchgesetzt. Die zusätzlich im Vertrag eingebaute Preisangleichungsklausel, die bei Bedarf weitere jährliche
Zuschusserhöhungen garantiert, sucht man im übrigen bei der Förderung von Sportvereinen, Jugendverbänden, Kindergärten oder in der Seniorenarbeit vergebens.
Es drängt sich die Frage auf, wer hat den Geschäftsführer, der immerhin schon als Kronprinz des SPD-Fraktionsvorsitzenden gehandelt wurde, aus welchen Motiven heraus in diese Position gehievt?
Und wer ist verantwortlich für diese den Geschäftsführer in jeder Beziehung schützenden Verträge? Mittlerweile ist allein für den Kulturbetrieb der Stadthalle ein jährlicher Zuschussbedarf in
Höhe von 255.700 Euro angesetzt. Die Frage sei erlaubt, ob die Zeit vertreibenden Belustigungen von Atze und Richie derart unverzichtbare Werte des deutschen Kulturgutes sind, dass sie durch hohe
Steuergelder ständig mitfinanziert werden müssen?
Wenn die Stimberg- und Stadthallen GmbH nach ihrem populistischen Begriffsverständnis erfolgreiche Kulturarbeit vornehmlich an Besucherzahlen misst, müsste sich diese quantitative Erfolgsbilanz
ja auch in einer erfolgsabhängigen Pacht widerspiegeln, die bei der letzten Änderung der Pachtverträge unter § 7a vom Kämmerer geradezu euphorisch begründet eingefügt wurde.
Neues Jugendzentrum
Am 23.01.2004 trafen sich vier SPD-Fraktionsmitglieder zu einem überraschenden Fotoshooting vor der imposanten Kulisse backsteingemauerter neoromanischer Industriearchitektur an der Ewaldstraße.
Was seit fast mindestens einem Jahrzehnt in Oer-Erkenschwick nicht wahr sein durfte, ein zentral gelegenes großes Jugendzentrum, wofür UWG und Grüne jahrelange gekämpft und kräftig Prügel von der
SPD bezogen haben, soll nun plötzlich nach der nächsten Wahl 1,5 Mio Euro teure SPD-Wirklichkeit werden. Die UWG hält diese inszenierte Aktion für wenig glaubhaft und sieht hier eher ein
taktisches Manöver, einen Salto kommunale, um den zu den Grünen konvertierten Parteinachwuchs bis zur Kommunalwahl ruhig zu stellen.
Bereits in einer Besprechung der UWG mit den Verantwortlichen der IGBCE wurde von beiden Seiten einvernehmlich festgehalten, dass zwei quasi nebeneinander liegende Jugendzentren nur zu einer
unsinnigen Konkurrenzsituation führen, was ökonomischer Nonsens ist, zumal das IGBCE-Jugendheim erst vor wenigen Jahren neu und aufwendig gebaut wurde.
Die hauptamtlichen Vertreter der IGBCE signalisierten auch Bereitschaft, das jugendkulturelle Angebot ihres TOT-Heimes auszuweiten und parteiunabhängig für alle interessierten Jugendlichen noch
weiter zu öffnen. Auf dieses Angebot einzugehen, hält die UWG heute nach Kenntnis des städtischen Schuldenstandes für den einzigen realistischen Weg, in Sachen Jugendzentrum zu einer
wirtschaftlich tragbaren und baulich vernünftigen Lösung zu kommen, die aufgrund des bereits vorhandenen Trägers zudem rechtlich sicheren Bestand hätte.
Zuwendungen an die Fraktionen
Am Dienstag letzter Woche ließ eine kleine Mitteilung in der WAZ aufhorchen: Bundestagsabgeordnete bekommen ab dem 01.04.2004 mehr Geld, nämlich zusätzlich 10.200 € jährlich nur für Bürobedarf
und Büroarbeit. Kein vorauseilender Aprilscherz trotz des Datums, denn die Mitteilung erschien bereits am 27.01.2004. Hier zeigen die Mandatsträger von CDU, SPD und Grünen unverblümt ihr
sonderbares Verständnis von Vorbildcharakter angesichts der vielen schmerzhaften Sparmaßnahmen, die sie andererseits ihren Bürgern zumuten.
Als UWG möchten wir deshalb erneut ein anderes Signal setzen. Nicht nur von Sparzwängen reden, sondern mit gutem Beispiel vorangehen. Nachdem wir als einzige Fraktion bereits in 1999 (564,40 DM
von 1.704,00 DM) und 2001 (4.012,11 DM von 12.132,00 DM) über 33 %, in 2002 (2.011,77 € von 6.710,00 €) fast 30 % unserer Fraktionszuwendungen dem Steuerzahler zurückgegeben haben, sind wir auch
in 2003 äußerst haushaltsbewusst mit den uns anvertrauten Steuergeldern umgegangen und haben offensichtlich erneut als einzige Oer-Erkenschwicker Ratsfraktion weitere fast 10 % (420,00 € von
4.600,00 €) unserer gekürzten Fraktionszuwendungen eingespart. Das macht zusammen etwa 4.780,00 €, die die vierköpfige UWG-Fraktion in nur einer Legislaturperiode dem Steuerzahler wieder
zurückgegeben hat. Wir meinen, wenn auch SPD, Grüne und CDU bei ihren Zuwendungen den Gürtel etwas enger schnallen würden, muss die Ratsarbeit nicht zwangsläufig schlechter werden, zumal wir
sowieso über fast kein Geld mehr neu oder frei entscheiden können.
Die UWG hatte bereits vor Jahren kritisiert, dass die der SPD gewährten geldwerten Zusatzleistungen nicht im Haushalt wieder zu finden waren. Offensichtlich hat die Aufsichtsbehörde diese
UWG-Kritik bestätigt, so dass die Verwaltung der UWG-Forderung notgedrungen folgen musste. Wenn allerdings die Verwaltung nun lediglich 175 Euro für – wie Herr Raudzus auf Anfrage mitteilte – 9
Sitzungen der SPD-Fraktion in Ansatz bringt (also nur knapp 19,45 Euro pro SPD-Fraktionssitzung) hat das Ganze doch bloß Alibifunktion und erscheint eher als preiswerte Alternative zur
Nutzungsgebühr für die städtische Grillhütte auf der Spielwiese am Haardrand. Die UWG schlägt vor, die bei den Fraktionen behutsam eingesparten Mittel für unsere älteren Mitbürger zur Verfügung
zu stellen.
Resümee
Die UWG kann diesen Haushalt so vorliegend nicht insgesamt mitverantworten. In wesentlichen Positionen stimmen wir mit der SPD und der sie bis zum Wahlkampfauftakt meist einvernehmlich
unterstützenden CDU nicht überein. Die UWG fordert und erwartet einen grundsätzlichen Politikwandel in Oer-Erkenschwick, der mit diesem Haushalt nicht realisiert wird.
Erst recht nicht mit dem von den eigenen jahrzehntelangen Weggefährten feige eingestielten Rauswurf Karl-Heinz Rusches aus allen begehrten Mandatsämtern. Denn in den bestehenden Macht- und
Abhängigkeitsstrukturen ist lediglich ein Kopf durch zwei neue ersetzt worden. Solange darüber hinaus ein leitender Beamter des städtischen Verwaltungsvorstandes den öffentlich im Rat
vorgetragenen Verdacht der Verfilzung zwischen SPD und Verwaltung nicht empört von sich weist, sondern ungeniert hinzufügt, dass niemand merkt, wenn SPD und Verwaltung, also auch er als Kämmerer,
gemeinsame Sache machen, wird die UWG alles daran setzen, dass diese jahrzehntelange absolute Alleinherrschaft weniger SPD-Funktionäre im September endlich ihr Ende findet.
Die örtlichen Funktionsträger von SPD und Grünen können sich nicht ständig damit herausreden, dass es das Land und der Bund sind, die die Kommunen finanziell strangulieren. Es sind Ihre
politischen Gesinnungsfreunde, Herr Krebs, Herr Schild und Herr Merkel, die uns diese Misere eingebrockt haben. Die ständigen Beteuerungen, das Grün der Grünen Liste ist ein anderes Grün als das
Grün der Grünen in Düsseldorf und Berlin, mag im Moment vielleicht gelten, weil Sie gerade soviel rote Farbe verschluckt haben, dass Sie sich selbst nicht mehr grün sind. Erwarten Sie aber kein
honorables Trinkgeld, wenn man bei Ihnen ein grünes Salatblatt bestellt und stattdessen rote Radieschen serviert bekommt.
Vorgetragen von Helmut Lenk, Fraktionssprecher
(Es gilt das gesprochene Wort)